Körper-Bewusstsein

Surfen – ein Balance-Stück in fünf Akten


Leicht ist es nicht und doch fühlt es sich so an. Wenn ich denn mal für ein paar Sekunden auf dem Brett stehe.

Erster Akt:
Ich pelle mich in den Anzug rein. Irgendwie ein angenehm kompaktes Gefühl auch wenn der Akt des Sich-Hineinzwängens eher an eine zu enge Ganzkörperstrumpfhose erinnert, die jeden Augenblick reissen könnte. Geschafft!

Zweiter Akt:
Brett unter den Arm klemmen und mit der Hand am unteren Rand fassen – ehm. Geht nid. Entweder ist mein Arm zu kurz. Oder mein “foam board”, also das für die Anfängerwellen, die weissen Schäumchenwellen, zu breit. Ich krümme meine rechte Flanke, der Rücken protestiert. Geht auch nicht. Also muss halt der Kopf dran glauben. Immerhin sieht es würdiger aus als wie ein gekrümmter Gipfel rumzuwanken. Ich wuchte das Brett auf den Kopf, die Leine – ja, jedes Brett hat eine Leine – schleift im Sand hinterher. Auch nicht ideal, aber egal. Ämu jetzt gerade.

Dritter Akt:
Am Meer. Und jetzt? Rein, einfach so? Ich spüre Widerstand, Angst, Respekt vor dem Wasser. Lieber zuerst etwas den Körper aufwärmen und den Bewegungsablauf nochmals im Trockenen üben. Dann gehe ich rein, schnappe nach Luft, das Wasser ist kalt, aber nur an den Füssen. Erstaunlich, was der Anzug ausmacht. Ich wate rein, schiebe das Brett neben mir her. Und dann rollen die ersten weissen Schäumchen auf mich zu. Ok. Brett wenden, Nase in Richtung Strand, raufhopsen. Versuchen, nicht runter zu fallen, Spannung in den Körper, mit Armen paddeln! Ahhh, die Welle erfasst mich, plötzlich spüre ich Schub von hinten. Jetzt muss ich mich laut Theorie mit den Armen in eine Kobra hochstemmen, dann den hinteren Fuss aufsetzen und den anderen nach vorne hieven, wie bei einem Krieger 1! Ist ja wie Yoga, nur auf dem Wasser. Was den Balanceakt auch nicht einfacher macht.

Vierter Akt:
In der Praxis. sieht es immer anders aus. Der Schwung der Welle reicht nicht aus. Oder bin ich zu langsam? Ich schaffe es gerade mal in einen Vierfüssler, um dann das rechte Bein nach vorne zu hieven. Und dann kippt das ganze Gebilde – ich inklusive, nach rechts. Brett flutscht unter mir weg und geht mit der Welle mit, ich mache einen Taucher und kriege nach ein paar Sekunden wieder Boden unter den Füssen. Zum Glück ist die Leine noch an meinem Bein. Ich ziehe das Brett zu mir her wie einen Hund an der Leine.

Fünfter Akt:
Das Ganze nochmals von vorn, ab Akt 3. In einer Endlosschlaufe. Bis dann, irgendwann, Akt 4 nicht mehr im Kippen endete. Das dauerte 4 Tage. Der letzte Wellenritt war mein bester: 5 Sekunden auf dem Brett. Zwar unsicher, aber ich balancierte. Was für ein Hochgefühl! Wie erstaunlich leicht ich mich fühle! Und die Stellung ? Krieger 2, nur mit angewinkelten Armen näher am Körper. Irgendwie haben surfen und Yoga vieles gemeinsam.

Und die Moral von der Geschicht? Am besten, ihr versucht es selber mal mit Surfen. Dann wisst ihr, was ich meine.

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